Staatliche Realschule Viechtach

Fit fürs Leben

Ben Salomo an der Realschule Viechtach - die pnp berichtet

"Wer von euch hat schon einmal Antisemitismus erlebt?", fragt Ben Salomo in eine Runde von 110 Realschülern. Zwei verhaltene Meldungen. "Das glaube ich nicht. Unsere Sinne sind wie ein Radio, das sehr schlecht eingestellt ist. Sie haben dafür keinen Empfang", sagt er laut in sein Mikro. Doch das möchte er in 75 Minuten verändern.

Ben Salomo, 45, wurde in Israel geboren. Bereits als Kind zogen seine Eltern mit ihm nach Berlin, wo er heute mit seiner Frau und zwei Töchtern wohnt. Jüdisch sein, das musste er schon als Kind lernen, heißt anders sein. Salomos Kindergarten wurde von bewaffneten Polizisten bewacht. Mit elf Jahren sagte er seinem besten Freund, er sei Jude – am nächsten Tag wartete dieser mit älteren Jugendlichen, um ihn zusammenzuschlagen. Diese und andere traumatische Erlebnisse verarbeitete er als Kind in Gedichten, später mit Rap.

 

Ben Salomo konnte ab den späten 1990ern sein Hobby zum Beruf machen und lebte bald von seinem Format "Rap am Mittwoch". Er nennt es "Talentschmiede", denn viele berühmte Rapper wie Sido und Capital Bra hatten bei ihm ihre ersten Auftritte. Nicht sichtbar ist die Judenfeindlichkeit im Hintergrund: "Wie ein Gift breitete sich Antisemitismus in den letzten zehn, 15 Jahren in der Rapszene aus", berichtet Salomo. Er sei vielfach von anderen Rappern beleidigt worden. Niemand habe sich damals hinter ihn gestellt oder widersprochen.

Gerade in der Rapszene ist das Problem laut dem 45-Jährigen stark verbreitet. Bekannte Musiker zeigten sich zum Beispiel öffentlich mit Managern, die das Gesicht eines Terroristen auf der Hand tätowiert hätten. Auch mit antisemitischen Aussagen und Symbolen wie bestimmten schwarz-weiß-karierten Tüchern wird in Liedern gearbeitet. "Die werden normalerweise von islamistischen Gruppierungen verwendet, die auch Anschläge auf Juden und Israel verüben", erklärt Ben Salomo.

 

Er möchte den Jugendlichen Rap nicht schlecht reden, sondern sie aufklären. Denn wer solche Anzeichen kennt, ist aufmerksamer, wenn es um Antisemitismus geht.

2018 stieg Salomo aus "Rap am Mittwoch" aus. Seitdem besucht er Schulen und hält Vorträge über Antisemitismus. So auch am Montagvormittag an der Realschule Viechtach. Sein Credo: "Was können wir ohne eure Hilfe tun?" Damit spielt er darauf an, dass weltweit auf einen Juden 67 Menschen mit antisemitischen Vorurteilen kommen. Ben Salomo wünscht sich daher mehr Einsatz und Wissen rund um Judenfeindlichkeit. Denn nicht nur Übergriffe auf Juden fallen darunter, sondern auch sämtliche Gerüchte und Lügen über seine Religion. Salomo fragt in die Runde, wer das Gerücht kenne, Juden seien alle reich. Ein Drittel der Schüler steht auf. Noch einmal so viele bei der Behauptung, Israel sei an sämtlichen Kriegen im Nahen Osten schuld. Am Ende stehen alle. Salomo kennt sie alle, die Gerüchte, denen er seit Jahrzehnten ausgesetzt ist.

Organisiert wurde die Veranstaltung von Lehrerin Julia Haidn, finanziert von der Friedrich-Naumann-Stiftung.

(Bericht: pnp vom 25. Oktober 2022 - Foto: R. Hartl)